Sag Nein! Der aufhaltsame Aufstieg der Militarisierung mit Künstlicher Intelligenz
Einladung zur bundesweiten digitalen Zivilklausel-Veranstaltung
„Ich betone nochmal: Es ist die Aufgabe der Agentur, innovative wie zukunftsgestaltende Forschungs- und Innovationsvorhaben auf den Weg zu bringen. Und dies im Bereich der inneren und äußeren Sicherheit. Dabei wollen wir mit den besten Wissenschaftlern und Cyber-Experten in Deutschland arbeiten. Das heißt potenziell auch mit etwa 360 Hochschulen in Deutschland und mit 40.000 Professoren. Wie kann ich die für uns gewinnen? Auch im Hinblick auf Zivilklauseln und Dual-Use-Problematiken. Da werden wir erstmal richtig dicke Bretter bohren müssen.“
Prof. Dr. Christoph Igel, Forschungsdirektor der neu gegründeten Cyberagentur in einem Interview auf der Webseite des Verteidigungsministeriums im Mai 2020.
Liebe ehemalige, gegenwärtige und zukünftige Mitstreiter*innen aus Hochschule und Wissenschaft,
sehr geehrte dicke Bretter,
wir möchten alle Interessierten zu einer Veranstaltung von bundesweiten Zivilklausel-Aktiven am Dienstag, den 9. März, von 18:00 bis 20:30 Uhr, einladen:
„Sag Nein! Der aufhaltsame Aufstieg der Militarisierung mit Künstlicher Intelligenz“
Das Engagement für Frieden wirkt: Es ist ein Verdienst aller Friedenskräfte, dass die Anschaffung von bewaffneten Drohnen im Dezember vorläufig gestoppt werden konnte und der Atomwaffenverbotsvertrag im Januar in Kraft getreten ist.
Mit einem nachdrücklichen "Nein" zu Kampfdrohnen aus Deutschland können wir auch den dicksten Brocken der EU-Aufrüstung – das Kampfflugzeugsystem „Future Combat Air System“ (FCAS) – zum Scheitern bringen.
FCAS ist ein deutsch-französisch-spanisches Großprojekt und setzt auf die militärische Nutzung von Künstlicher Intelligenz. Mit dem milliardenschweren Programm sollen Flugzeuge, Kampfjets, Drohnen, bewaffnete Drohnenschwärme und Satelliten in einem System integriert werden. Nach Schätzungen des Handelsblatts wird sich der Umsatz der europäischen Rüstungskonzerne auf 500 Mrd. Euro belaufen, wovon allein die Entwicklungskosten auf 80 Mrd. Euro beziffert werden.
Die „sicherheitspolitische“ Nutzung von Künstlicher Intelligenz ist zentral auf die Wissenschaft angewiesen, weswegen das Bundesinnen- und das Verteidigungsministerium die oben erwähnte „Cyberagentur“ gründen mussten.
Als Hochschulmitglieder haben wir daher eine besondere Bedeutung und die Möglichkeit, diese Aufrüstungspläne des militärisch-industriellen Komplexes, die aktuell im Windschatten der Pandemie forciert werden, zu vereiteln.
Die großen Aufgaben der Zeit - die Verwirklichung der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen - dulden keinen Aufschub. Sie sind elementare Aufgaben der Wissenschaft und vertragen sich nicht mit dem Geschäft mit dem Tod.
Wir wollen uns daher in einem ersten Schritt im Rahmen einer digitalen Veranstaltung mit diesen aktuellen politischen und wissenschaftspolitischen Entwicklungen befassen. Für das Sommersemerster planen wir in einen zweiten Schritt, soweit möglich, ein Treffen in Präsenz, um uns auszutauschen und weitere Aktivitäten zu planen.
„Sag Nein! Der aufhaltsame Aufstieg der Militarisierung mit Künstlicher Intelligenz“
Mit:
- Lühr Henken, Ko-Sprecher des Bundesauschusses Friedensratschlag:
Zur Aktualität und Brüchigkeit des europäischen Großrüstungsprojekts Future Combat Air System (FCAS) - Christoph Marischka, Informationsstelle Militarisierung (IMI):
Dual Use: Der (gut organisierte) Transfer ziviler Forschung in militärische Anwendungen - Hans-Jörg Kreowski, Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF):
Für ein NEIN der Wissenschaft zu Killerdrohnen und autonomen Waffen
Die Veranstaltung findet am Dienstag, den 9. März 2021 um 18:00 Uhr statt.
Leitet die Einladung gerne an Kommiliton*innen, Kolleg*innen und andere Zivilklausel-Interessierte weiter.
Wir freuen uns auf Euch/Sie und die gemeinsame Diskussion,
die Leipziger, Kölner, Wiener, Berliner und Hamburger Zivilklausel-Aktiven
Arbeiskreis Zivilklausel an der Uni Köln hat Friedenspreis der Evangelischen Kirche erhalten
Am Sonntag, den 11. Oktober hat der Arbeitskreis Zivilklausel Köln zusammen mit der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) Leipzig in Leipzig den Friedenspreis der Evangelischen Kirche erhalten.
Die von Senta Pineau für den Arbeitskreis Zivilklausel gehaltene Rede wird hier dokumentiert: Zur Dankesrede (PDF)
Sachsen-Anhalt verankert Friedensklausel im neuen Hochschulgesetz
Am 7. Mai 2020 hat die Landesregierung von Sachsen-Anhalt ein neues Hochschulgesetz verabschiedet, in dem neuerdings eine Friedensklausel unter § 3 „Aufgaben“, Abs. 8 verankert ist:
„Die Hochschulen leisten ihren Beitrag zu einer nachhaltigen, friedlichen und demokratischen Welt. Sie setzen sich mit den möglichen Folgen einer Verbreitung und Nutzung ihrer Forschungsergebnisse auseinander.“
Interessanter Weise orientiert sich die Landesregierung aus CDU, SPD und Grünen damit an der vor rund einem Jahr von der dortigen CDU/FDP-Regierung aus dem in Hochschulgesetz gestrichenen Zivilklausel, deren Formulierung fast identisch war. Neben Thüringen und Bremen ist Sachsen-Anhalt aktuell das dritte Bundesland mit einer Friedensverpflichtung im Hochschulgesetz; neben NRW von 2014 bis 2019 hatte auch Niedersachsen von 1993-2002 in der Vergangenheit die Orientierung der Hochschulen auf friedliche Zwecke gesetzlich festgeschrieben.
Arbeiskreis Zivilklausel an der Uni Köln wird mit Friedenspreis der Evangelischen Kirche ausgezeichnet
Noch eine gute Nachricht! Der AK Zivilklausel an der Uni Köln bekommt für sein langjähriges Engagement für zivile Wissenschaften und die Einführung von Zivilklauseln den Friedrich-Siegmund-Schultze-Förderpreis für gewaltfreies Handeln der Evangelischen Kirche.
Es geht mit dieser Preisverleihung pars pro toto darum, die Kämpfe der gesamten Zivilklauselbewegegung zu würdigen und neu politisch und öffentlichkeitswirksam zur Geltung zu bringen. Das ist uns allen umso mehr Ansporn!
Senat der Technischen Hochschule Köln beschließt Zivilklausel!
In der heutigen Sitzung am 24. Juni 2020 hat der Senat der TH Köln einstimmig eine Zivilklausel beschlossen. Der neu gefasste § 2 der Grundordnung der Hochschule heißt künftig:
„Selbstverständnis und Zivilklausel
Die Technische Hochschule Köln ist mit ihrem öffentlichen Bildungsauftrag den Prinzipien des demokratischen und sozialen Rechtsstaats verpflichtet und wirkt auf dessen Sicherung und Weiterentwicklung hin. Sie verfolgt ausschließlich friedliche Ziele und leistet ihren Beitrag zu einer nachhaltigen, friedlichen und demokratischen Welt. Sie kommt diesen Verpflichtungen nach durch die wissenschaftliche Qualifizierung verantwortungsbewusster Persönlichkeiten, die fachlich hoch befähigt und zugleich in der Lage sind, die Zusammenhänge zwischen Individuum, Gesellschaft und Umwelt, zwischen Berufspraxis und sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Verantwortung aktiv mitzugestalten.“
Die TH Köln war die einzige öffentliche Hochschule NRWs, die nach der Einführung einer Friedensverpflichtung der Hochschulen im Landeshochschulgesetz 2014 diese nicht in der eigenen Grundordnung verankert hatte. Umso bemerkenswerter, dass sie sich nun doch eine Zivilklausel gegeben hat – rund ein Jahr, nachdem die landesweite Friedensklausel von der schwarz-gelben Landesregierung wieder aus dem Gesetz gestrichen wurde.
Im Zuge der Debatte um die Abschaffung der NRW-Zivilklausel, bei der unter anderem rund 12.000 Unterschriften für ihren Erhalt gesammelt wurden, gründete sich letztes Jahr auf studentische Initiative ein eigener Arbeitskreis Zivilklausel an der TH Köln, der die hochschulweite Diskussion für die Einführung einer Zivilklausel aufnahm und diese jetzt erfolgreich erwirken konnte.
Die Abschaffung der NRW-Zivilklausel hat sich somit erneut als Pyrrhussieg für die rechte Landesregierung erwiesen: Im Zuge der damit verbundenen Debatte haben sich die Ansprüche an friedenschaffende Hochschulen mit neuer Ernsthaftigkeit und Dynamik an den Hochschulen verallgemeinert; nun hat sich auch die TH Köln dem Frieden verpflichtet, während bislang keine Hochschule ihre Zivilklausel wieder aus ihrer Grundordnung gestrichen hat. Bundesweit gibt es nun 65 Hochschulen, die sich dem Frieden verpflichtet haben.
Während die Bundesregierung die Corona-Krise als Vorwand nutzt, um die Rüstungsindustrie mit weiteren Milliarden zu pampern, wächst das Erfordernis, dass entgegen Hochrüstung und Kriegstrommelei auch die Wissenschaften für weltweite Entspannung, Abrüstung und Frieden eintreten. Aufklärung ist die Alternative zur Gewalt.
Kontakt zum AK Zivilklausel an der TH Köln:
In Gedenken an Dietrich Schulze
In Gedenken an Dietrich Schulze. Wir sind sehr traurig. Ohne Dietrichs unerschütterliches Engagement gäbe es die Zivilklauselbewegung nicht. Sein Verlust ist so groß, wie das Vermächtnis, das er uns hinterlässt. Dietrich, wir werden weiter daran arbeiten, für eine Welt des Friedens "Streitbarkeit und Solidarität" hervorzubringen. Und dabei sehr oft an Dich denken.
Wir dokumentieren hier die treffende Würdigung der NaturwissenschaftlerInnen-Initiative für Frieden und Zukunftsfähigkeit:
„Auf die Idee, Zivilklauseln für das Bankwesen zu fordern, ist noch niemand gekommen. Mir würde schon genügen, die Großbanken unter öffentliche Kontrolle zu stellen, so wie das nach der Befreiung 1945 Allgemeingut war. Etwas der Zivilklausel Ähnliches wird für Industriefirmen mit Rüstungsproduktion gefordert. Das nennt sich Rüstungskonversion, d.h. Umstieg von militärischer auf zivile Produktion unter Einsatz der Fachkenntnisse der Beschäftigten bei Sicherung der Arbeitsplätze. […] Wer von den friedensbewegten EU-Parlamentariern packt dieses konkrete und ambitionierte EU-Friedensprogramm an?“
Dietrich Schulze
Dietrich verstarb mit 79 Jahren in seiner Heimatstadt Karlsruhe.
Einer der aufrechtesten Friedenskämpfer und Naturwissenschaftler ist nicht mehr unter uns. Er hasste den Krieg und die Kriegstreiber. Unermüdlich sein Engagement gegen Aufrüstung und Atomwaffen – sei es in den 80 Jahren gegen Pershing 2 und Cruise-Missiles, sei es gegen die völkerrechtswidrigen Kriege Deutschlands oder der NATO. Er war mit uns in Bonn und Berlin, als Hundertausende, ja Millionen, aufgestanden sind gegen Kriege.
Frieden war für ihn die ultimo Ratio. Da war der Physiker Dietrich ganz Wissenschaftler und Ingenieur, der auf seine eigene Profession immer einen kritischen Blick hatte. Nie hat er die Verquickung der Wissenschaft in die Unterstützung des Faschismus und Militarismus vergessen. Antifaschismus war seine Herzensangelegenheit.
Leere Worte und Bekenntnisse waren dabei nicht seine Sache. Organisationen, Posten und Kampagnen waren ihm nur Mittel, niemals Selbstzweck. Ohne ihn hätte es die Zivilklausel-Bewegung nach 2009 nicht gegeben. Er war zu ihrer Geburtsstunde an der Universität Karlsruhe ebenso dabei wie bei den vielfältigen Veranstaltungen und Treffen in den 10 Jahren seither. Seine Bereitschaft, Debatten und Beschlüsse zu dokumentieren, gaben der Kampagne eine Geschichte und ein Gesicht. Sein Widerspruch und seine Beharrlichkeit haben die Institution Wissenschaft herausgefordert und den Menschen näher gebracht. Seine Analysen und Vorschläge belebten jede Diskussion.
Dietrich war ein Naturwissenschaftler, der seine Wissenschaft geliebt hat. Er war sich ihrer Grenzen, ihrer Verquickungen in Krieg und Unterdrückung immer bewusst. Er hat diese Tatsachen immer wieder nachgewiesen und angeprangert. Er wusste, dass das spezialisierte Expertentum der Nährboden für Untertanengeist und Anpassung war. Daher vertrat er mit Mut auch außerhalb seines Faches eine Sache, wenn es die Richtige war. Unvergessen ist sein Zwischenruf, als die Demontage des Sozialstaats vorangetrieben wurde: Auf dem Gewerkschaftstag der ÖTV im November 2000 unterbrach Dietrich den damaligen Bundeskanzler Schröder bei dessen Vorstellung des neuen Rentenkonzepts mit den Worten: „Das ist nicht notwendig“, und provozierte damit den berühmten Kanzler-Ausspruch: „Das ist notwendig und wir werden es machen. Basta!“. Es ist diese Courage, die nicht nur mancher Debatte eine produktive Wendung gab, sondern auch Beispiel ist, dass erst der Widerspruch zu Erkenntnis führt.
Es wäre kein Dietrich, wäre da nicht auch der Querkopf, ja manchmal Sturkopf und ein Mensch mit Streitlust und Streitfähigkeit. Streit und Auseinandersetzung produktiv werden zu lassen, war sein Ziel, nicht immer hat er es erreicht.
Seit 1983 sind wir mit Dietrich und der NaturwissenschaftlerInnen-Initiative gemeinsame Wege gegangen. Zahlreiche Veranstaltungen, Kongresse und Aktionen der Initiative, der er sich am meisten verbunden fühlte, hat er besucht, viele mit organisiert und geprägt. Er war bei den großen Ereignissen aber auch immer wieder da „wenn die Mühen der Ebene“ es erforderten. So manches Mal hat er den Vorstand und Verein ermuntert, und manches Mal getrieben, Entscheidungen zu fällen und Position zu beziehen. Wir haben ihn gebraucht und brauchen ihn noch.
Wir haben mit Dietrich einen Menschen verloren, dessen soziales Engagement für die Ärmsten und sozial Bedrängten in dieser Gesellschaft und weltweit sprichwörtlich ist und dies nicht nur als Betriebsratsvorsitzender. In der Ablehnung von Ungerechtigkeit war er unerbittlich.
Lieber Dietrich, Du wirst uns fehlen, in Deiner Unermüdlichkeit, in Deiner Vielfalt und Deinem Engagement, aber auch in der Lust, sich mit uns anzulegen.
Dein Weg hinterlässt tiefe Spuren, nicht nur in Karlsruhe und am KIT. Sie sind uns Aufruf und Ermutigung zugleich, in Deinem Sinne für Frieden und Gerechtigkeit weiter zu wirken. Ade Dietrich, Du fehlst schon jetzt.
Der Vorstand der NaturwissenschaftlerInnen-Initiative
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